Mittwoch, 24. September 2014

Der lange Weg zum Lächeln.

Über Spannung, Langeweile, Frust, 6 Sekunden und Freude

Zu allererst möchte ich mich mal entschuldigen. Der WACHAUmarathon ist mittlerweile eineinhalb Wochen vorbei und ich schildere erst jetzt meine Eindrücke. Böse Zungen behaupten, mein Muskelkater wäre so stark gewesen, dass ich neun Tage brauchte, um von der Couch zum Computer zu gelangen...
Er ist nun also Geschichte, mein erster Halber, und ich muss ehrlich sagen, dass ich mit gemischten Gefühlen an ihn zurück denke. Ich hab auf jeden Fall mein Minimalziel erreicht - ich bin durchgekommen...

Spannung

Der Running-Coach hat mir geraten, mich hinter dem 2:15 Stunden Pace Maker einzuordnen und diesem mal auf die ersten 14 - 15 Kilometer zu folgen. Wenn ich dann merken würde, dass noch was geht, könnte ich mich absetzen und auf den letzten 6 - 7 Kilometern noch das Ergebnis verbessern. Da stehe ich also im Startblock 2:15 und warte darauf, dass es los geht. Da merke ich auch, dass ich eigentlich ziemlich angespannt bin - positiv aber... Ich find's also spannend. Dann folgt der Startschuss und sehr, sehr langsam bewegt sich der Trott an Leuten in Richtung Startlinie. Hatte nicht geahnt, wie lange das dauert, bis man dann wirklich im Rennen drin ist. Nach einigen Minuten ist es dann so weit. Ich laufe. Gemeinsam mit gefühlten Tausend anderen in meiner unmittelbaren Umgebung. Zehenspitze an Ferse - da muss man schon ziemlich aufpassen, dass kein Hoppala passiert. Ganz zu schweigen vom obligatorischen Hin-und-wieder-Ausspucken... Da lohnt sich der Blick nach hinten, ob man eventuell gerade überholt wird. Aus Nächstenliebe. Zeit ist genug da. Genug, um die Schönheit der Wachau zu bewundern, die anderen Läufer zu mustern ("Warum überholen uns gerade zwei Nordic Walker...?") und um zu sinnieren, wie es wohl heute ausgehen wird. Das Wetter ist perfekt! Es regnet gerade eben NICHT. Die Luft ist saftig feucht und kühl. Ich laufe und frag' mich, ob es nicht schneller ginge. Ertappe mich dabei, wie ich mal kurz Nägel beisse...

Langeweile & Frust

Kilometer 13. Ich kenne die Strecke schon sehr gut, da ich sie ja seit Freitag ein paarmal gefahren bin und ich weiß, dass in eineinhalb Kilomtern die Stelle kommt, an der mir der Running-Coach den Turbo empfohlen hat. Doch noch etwas anderes kommt leider genau JETZT. Etwas, von dem aufmerksame Leser wissen, dass ich es beim Laufen gar nicht brauchen kann: Sonne! Mit ihr ein drastischer Temperaturanstieg. Da hieß es die ganze Woche, das Rennen würde waschelnass werden und dann besucht der Hochsommer nochmal die Wachau. Für die Organisatoren, die Zuschauer und die Gastro-Betriebe im Ziel ein Segen - für mich ein Alptraum. Da bin ich nun bei Kilometer 15 und entscheide, dass ich in der Nähe meines Pace Makers bleibe. Mein eigentliches Ziel, zwischen 2 Stunden und 2:15 zu bleiben werde ich halt erst gegen Ende in Angriff nehmen, indem ich mich vom Pace Maker ein-zwei Kilometer vor Schluss absetze. Die Masse kommt nach Krems. Überall stehen Leute am Rand, die uns anfeuern - ein tolles Gefühl. Man will irgendwie "Danke" sagen und macht's dann aber komischerweise doch nicht - ein Lächeln muss reichen. Ich biege in die Zielgerade ein und sehe das Ziel direkt vor mir. Leider aber nur von der Rückseite, denn keine hundert Meter davor macht die Strecke eine Linkskurve und entscheidet sich, die Läufer einer Geduldsprobe zu unterziehen. Du siehst das Ziel, du hörst das Ziel, du kommst sogar wieder auf die Zielgerade doch merkst nach einer erneuten Linkskurve, dass man dich noch ein ordentliches Stück in die Gegenrichtung schickt - Mit Gegenverkehr, der schon in die "richtige" Richtung rennt... Frust macht sich breit. Doch ich bleib bei meinem Plan. Ich hab zu dem Zeitpunkt zwar schon ein wenig genug - es dauert mir zu lange. Ich entscheide mich jedoch, jetzt den Pace Maker hinter mir zu lassen, um wenigstens deutlich unter 2:15 Stunden zu bleiben. Ich mach das, was der Hobby-Läufer einen Ziel-Sprint nennt und komme deutlich - geschätzte 300 Meter - vor meinem Tempomacher ins Ziel. Geschafft! Glücksgefühl! Wie immer schalte ich auch hier viel zu spät meine Uhr ab und denk' mir, dass es sich sicher ausgeht, mein Ziel. Wenig später erfahre ich leider das Gegenteil - 6 Sekunden fehlen mir... 02:15:05 !
Da erlaubt sich mein Ehrgeiz doch tatsächlich, meinem Hirn Enttäuschung einzureden. Ich trink' ein Bier, von welchem ich mir einrede, es verdient zu haben und esse zwei Schnitzeln mit Kartoffelsalat. Ich beginne zu überlegen, ob ich auf den ersten 13 Kilometern zu viel Zeit liegen gelassen hab. Vergleiche meine Pace-Zeiten mit jenen aus dem Training etc... Ich fahr' heim und der Rest des Tages gehört dem Fernseher.

Freude

Da denk' ich zurück und es war dann doch einfach nur ein tolles Wochenende mit einer tollen Veranstaltung, wo alles bestens funktioniert hat und man sich mit tausenden anderen Menschen auf eine schöne Art verbunden fühlt. Es war mein erster großer Bewerb und ich beschließe, mit den 6 Sekunden Frieden zu schließen. Viel war da los auf der Strecke und lange hat's gedauert. Tags darauf geht's mir gut und ich gehe sogar geschmeidig zwei Stunden Tennis spielen - noch einen Tag später, also am Dienstag, ist dann sogar gar kein Muskelkater mehr zu bemerken. ("Verdammt - ich hab mich zu wenig ins Zeug gehaut..." - Aus jetzt!)
Halbmarathons lasse ich in näherer Zukunft mal links liegen - was mich jetzt aber richtig interessiert und reizt, sind 10 Kilometer-Läufe. Das wird mein nächstes Ziel. Das ist eine Distanz, die ich zur Genüge aus dem Training kenne und wo ich mir meine Kräfte gut einteilen kann. Da erhoffe ich mir rein positive Motivation für mehr. Und, wenn sich das alles so entwickelt, wie ich mir das vorstelle, dann reise ich nächstes Jahr wieder in die Wachau und verbessere meine persönliche Halbmarathon-Bestzeit. Aber dann um deutlich mehr als 6 Sekunden!

Das war erst der Anfang - ich lauf' weiter!

wolfi.

1 Kommentar:

  1. Hallo! Gratuliere zur Super Leistung! Ich glaub nicht dass du gefrustet sein musst - es ist doch einfach toll, ein Ziel auf das man hingearbeitet hat zu erreichen, Zeit hin oder her. Für mich war es auch der erste HM und ich war um einiges langsamer als gewünscht. Bei KM 16 hat mich, so wie dich auch die Sonne erwischt und das mag ich gar nicht. Es gibt übrigens auch 14km Läufe beim LCC, die kann man so als Winterüberbrückung gut machen. Hoffe du bleibst beim Laufen, alles Gute weiterhin! Stefanie

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